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Eine Linie zwei Welten: Vom Dreiländereck zum Nesthäkchen

Eine Linie zwei Welten: Vom Dreiländereck zum Nesthäkchen

Wir fahren jeden Monat mit einer Linie der BVG durch die Stadt. Dabei porträtieren wir zwei Kieze entlang der Strecke. Folge 105: von der Landsberger Allee zur Stendaler Straße. Landsberger Allee Matthias Priller trocknet sich die Haare ab. Zuvor zog er stoisch seine Bahnen im 50-Meter-Becken in der Schwimmhalle im Europa-Sportpark, die wie das benachbarte Velodrom Anfang der 1990er-Jahre vom französischen Architekten Dominique Perrault entworfen wurde. Die Ausstattung des Hallenbads ist nicht der einzige Grund, warum es den Konzertmanager und Kindermöbelhändler in den Kiez zieht: „Hier hat sich der raue Berliner Charme erhalten“, sagt der 46-Jährige, der in Friedrichshain geboren wurde und aufwuchs.

Die Schwimmhalle im Europa-Sportpark verfügt über 50-Meter-Bahnen

In seiner Kindheit schwamm der ehemalige Leistungssportler im Sport- und Erholungszentrum (SEZ) oder seltener nebenan im Friesenstadion im Neuen Hain, der als Erweiterung des Volksparks Friedrichshain entstanden war. In nur 156 Tagen schaufen Bauarbeiter*innen Anfang der 1950er-Jahre das das Karl-Friedrich-Friesen-Stadion, benannt nach einem republikanisch-nationalen Freiheitskämpfer, der Anfang des 19. Jahrhunderts unweit der heutigen Kronprinzenbrücke eine der ersten öffentlichen Schwimmanstalten im deutschsprachigen Raum initiierte. Das Friesen-Stadion stellte einen Prestigebau dar, ausgestattet mit 50-Meter-Bahnen, einem Sprungturm und -becken sowie einem Flachbecken. Auf den Tribünen fanden mehrere tausend Menschen Platz. In den 1960er-Jahre erfolgte die Erweiterung  ein öffentliches Freibad, Flächen für Leichtathletik, Trainingsangebote für Ruder*innen und Wasserspringer*innen. Sogar ein Ballettraum gehörte zum Gebäudeensemble. Im Friesenstadion schwamm die damals 15-jährige Christiane Knacke 1977 als erste Frau die 100 Meter Schmetterling unter einer Minute und stellte somit einen Weltrekord. Ihre US-amerikanischen Konkurrentinnen verwies sie auf die Plätze. Doch bereits in den 1980er-Jahren verblasste der Glanz. Teile der Tribünen der Wettkampfstätte sperrte die Bauaufsicht bereits 1987. Noch vor der Wiedervereinigung explodierten die Kosten für die notwendige Sanierung. 1992 erfolgte die Schließung, 1999 der Abriss. Heute befinden sich dort ein Beachvolleyball und Inline-Skate-Bahnen. Im Dornröschenschlaf Auch der Betrieb des 1981 eröffneten Prestigeprojekts Sport- und Erholungszentrum (SEZ) mit Wellenbad, Saunen und zahlreichen Sporthallen erschien dem Senat zu teuer. Dabei handelte es sich in den 1980er-Jahre um einen absoluten Publikumsmagneten, bei dem der Eintritt nur 50 Pfennige kostete. Die Preispolitik war natürlich alles andere als kostendeckend und konnte nur aufgrund hoher Subventionen so gestaltet werden. Nach dem Mauerfall wurde das Angebot nach und nach ausgedünnt – doch selbst ohne laufenden Betrieb betrugen die jährlichen Erhaltungskosten 400.000 Euro. Anfang der 2000er- Jahre wurde der Gebäudekomplex verkauft. Der neue Eigentümer plante sukzessive die Wiedereröffnung der einzelnen Bereiche. Dies ist in dieser Form bis heute nicht erfolgt. Die Zukunft ist ungewiss.

Der Eingang in der Danziger Straße führt zum Rumpfangebot im SEZ.

Schräg gegenüber an der Ecke Landsberger Allee/Richard-Sorge-Straße befindet sich ein weiteres Areal im Dornröschenschlaf. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der aus München stammende Brauereibesitzer Georg Patzenhofer hier Lagerhallen und einen Ausschank (Bayerisch Bierbrauerei) eröffnet. Später erfolgte die Erweiterung und die Umbenennung in Actien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe. Ein Schriftzug auf einer Fassade an der Landsberger Allee erinnert noch an den Namen. Die Einstellung der Produktion erfolgte bereits 1991, Mälzerei und Lagerhäuser entlang der Richard-Sorge-Straße wichen Wohnhäusern. Auf dem Nachbarareal des denkmalgeschützten Gebäudeensembles eröffnete 1998 UCI ein Multiplexkino, das bis zu seinem Abriss 20 Jahre existierte. An gleicher Stelle befindet sich seit Kurzem das neu gebaute Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg.

Das Gelände der ehemaligen Brauerei bleibt seit 1991 ungenutzt.

Stendaler Straße Bis Anfang Dezember 2022 verkehrte die Tramlinie 18 lediglich zwischen der Riesaer Straße und dem S-Bahnhof Springpfuhl. Seit dem 5. Dezember des vergangenen Jahres verbindet die 18 Hellersdorf und Friedrichshain. Eine gute halbe Stunde fährt die die Straßenbahn bis zur Haltestelle Stendaler Straße/Zossener Straße. Von hier ist Brandenburg fußläufig zu erreichen: Zahlreiche Hellersdorfer*innen shoppen im 1994 eröffneten Kaufpark Eiche. Seit 2003 stellt die ehemals selbstständige Gemeinde einen Ortsteil von Ahrensfelde/ Barnim dar. Ein Bezirk mit grünen Oasen Am Ost-Berliner Stadtrand entstand überwiegend in Plattenbauweise in den 1980er-Jahren die Großwohnsiedlung Hellersdorf. Das mittelalterliche Dorf fand bereits im 14. Jahrhundert erstmalig Erwähnung. Formell war es der Burg Köpenick unterstellt. Ende des 19. Jahrhunderts erwarb die Stadt Berlin das Areal und legte hier Rieselfelder an. Nach der Bildung von Groß-Berlin 1920 gehörte Hellersdorf zum Bezirk Lichtenberg, ab 1979 zum neugegründeten Bezirk Marzahn. Eine urbanes Zentrum entstand erst in den 1990er-Jahren mit der Hellen Mitte. Neben dem Rathaus befinden sich hier Einzelhandels-, Büro- und Praxisflächen sowie ein Hotel, ein Multiplexkino, Cafés und Restaurants.

Das urbane Zentrum des Kiezes ist die Helle Mitte, nah beim U-Bahnhof Hellersdorf.

In unmittelbarer Nachbarschaft führt der grüne Kurt-Julius-Goldstein-Park das Beton-Image des Ortsteils ad absurdum. Das mehr als vier Hektar große Areal ist Teil des 2010 fertiggestellten Regine-Hildebrand-Parks. Etwas versteckt liegt unweit der Volkshochschule Hellersdorf und des Victor-Klemperer-Kollegs das Kulturzentrum Kiste, das mit einem klug kuratierten Arthouse-Kino-Programm besticht. Text und Fotos: Ronald Klein

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