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12.05.2021

140 Jahre unter Strom

Es ist kein klassisches Jubiläum. Aber es ist ein Jahrestag mit Symbolkraft in Zeiten von Klimawandel und Mobilitätswende. Vor bald genau 140 Jahren, am 16. Mai 1881, fuhr die erste elektrische Straßenbahn mit Fahrgästen durch das damals noch eigenständige Lichterfelde, heute ein Ortsteil Berlins. Es war nicht nur der Beginn der Ära der „Elektrischen“ in der deutschen Hauptstadt. Es war der Beginn der Ära der elektrischen Schienenbahnen zur Personenbeförderung weltweit. Gründervater dessen, was wir heute E-Mobility nennen, war der geniale Erfinder und Unternehmer Werner von Siemens. Bereits 1879 hatte er auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste brauchbare elektrische Lokomotive der Welt präsentiert. Zwei Jahre später war er es auch, der die neue Technik buchstäblich auf die Straße und zu den Menschen brachte. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern „rauschte“ seine Bahn auf der 2,5 Kilometer langen Strecke durch Groß-Lichterfelde. Doch die „Elektrische“, wie die Berliner*innen sie bald liebevoll nannten, wurde rasch schneller. Und sie wuchs schnell, hielt Schritt mit dem rasanten Tempo der boomenden Stadt. Bereits um den Jahrhundertwechsel war das Schienennetz mehr als 400 Kilometer lang. Allein die „Große Berliner Straßenbahn“, das mit Abstand bedeutendste der unterschiedlichen, damals bestehenden Straßenbahnunternehmen, zählte im Jahr 1902 auf 71 Linien bereits 295 Millionen Fahrgastfahrten. Triebfeder der Stadtentwicklung Ihren Höhepunkt erreichte die Straßenbahn in Berlin zwischen den beiden Weltkriegen. Nach Unterlagen im BVG-Archiv wurde bereits 1918 eine Rekordzahl erzielt, die die Gesamt-BVG erst fast 100 Jahre später wieder erreichen sollte: mehr als eine Milliarde Fahrgastfahrten. Der Geschäftsbericht für das Jahr 1929 zählt wiederum beeindruckende Zahlen zu Netz und Fahrzeugpark auf. Auf mehr als 1300 Gleiskilometern fuhren 93 Linien. Fast 4000 Trieb- und Beiwagen waren in Berlin im Einsatz. Diese Zahlen zeigen, wie eng verzahnt die Stadt und ihre Verkehrsmittel schon immer waren. Für Berlin war und ist die Straßenbahn auch ein Spiegelbild der Stadtgeschichte. Sie war das Verkehrsmittel für die Menschenmassen der Gründerzeit und damit eine entscheidende Triebfeder der Stadtentwicklung. Sie war Lieferwagen und Lazarett, Bauwagen und Barrikade, Alltagsgefährt und Arbeitstier. Sie hat Kriege und Krisen überstanden, die deutsche Teilung und den Fall der Mauer. Schon mehrfach wurde der Straßenbahn bescheinigt, sie sei ein Auslaufmodell, veraltet und überflüssig. Im Westteil Berlins schien im Oktober 1967 ihr endgültiges Ende mit der letzten Fahrt bereits besiegelt. Doch etwa zur gleichen Zeit, oder nur wenige Jahre später, erlebte sie im anderen Teil der Stadt bereits ihren nächsten großen Aufschwung, als Rückgrat des Verkehrs bei der Entwicklung neuer Wohngebiete. Das Netz wächst wieder Rund 195 Kilometer Länge misst das Berliner Straßenbahnnetz heute. Mit deutlich wachsender Tendenz. Neue Strecken sind in Planung oder bereits im Bau. Die Straßenbahn rollt längst wieder in Richtung Westen und ist ein Verkehrsmittel der Zukunft an vielen Stellen, an denen die Stadt sich entwickelt und wächst. Im Verbund mit U-Bahnen, S-Bahnen und modernen Bussen (auch sie zunehmend mit E-Antrieb) ist sie nicht weniger als ein Garant für zeitgemäße, umweltfreundliche und komfortable Mobilität – in Berlin und übrigens auch in Metropolen weltweit. Wo alles begann, am Bahnhof in Lichterfelde, erinnert heute ein kleines Denkmal an die Geburtsstunde vor 140 Jahren. Und in zehn Jahren – wenn das Jubiläum richtig rund ist – wird die „Elektrische“ bestimmt auch wieder angemessen gefeiert. Zitate: Eva Kreienkamp, Vorstandsvorsitzende der BVG: „Die Straßenbahn hat eine große Vergangenheit. Viel wichtiger aber: Sie hat eine große Zukunft. Wir dürfen auch in Zeiten von Corona nicht vergessen, dass wir eine andere, ganz große Aufgabe haben, nämlich den Wandel hin zur Klimaneutralität in der Mobilität. Dem umweltfreundlichen Nahverkehr kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Leistungsfähige, elektrische Schienenbahnen bilden dabei das Rückgrat und werden – digital vernetzt mit Bussen und individuell nutzbaren Sharingangeboten – dafür sorgen, dass wir auch in Zukunft in lebenswerten Städten jederzeit und komfortabel mobil sein können.“ Dr. Rolf Erfurt, Vorstand Betrieb der BVG: „Die Straßenbahn erlebt schon seit Jahren eine kaum geahnte Renaissance und das weltweit von Addis Abeba bis Rio de Janeiro. Das ist natürlich kein Zufall und auch keine Modeerscheinung, sondern entspringt der klugen Erkenntnis der Verkehrsplaner, dass die Straßenbahn ihre ganz eigenen Stärken im städtischen Verkehr hat. Sie ist bei hoher Fahrgastkapazität vergleichsweise schnell, preiswert und einfach zu bauen und sie ist – vor allem dort, wo man ihr eine eigene Trasse lässt – ein ebenso beliebtes wie komfortables und betrieblich zuverlässiges Verkehrsmittel.“ Rico Gast, Bereichsleiter Straßenbahn der BVG: „Die Kolleg*innen bei der Straßenbahn sind zu Recht stolz auf ihre Geschichte. Von den Anfängen der Elektrischen bis zur neuesten Straßenbahngeneration, die wir jüngst erst bestellt haben, vereint sie die Leidenschaft und Begeisterung für ein Verkehrsmittel, dass das Bild Berlins immer mitgeprägt hat. Umso mehr freuen wir uns, dass wir mit unserer Straßenbahn und ihren neuen Strecken und Fahrzeugen nun auch die Zukunft unserer Stadt weiter mitgestalten können.“ Pressemitteilung als PDF (inklusive grafisch aufbereiteter Zeitleiste, die in dieser oder optisch überarbeiteter Form gern für die redaktionelle Berichterstattung zum Jahrestag „140 Jahre elektrische Straßenbahn“ verwendet werden kann)